Wie Thailand Weihnachten & Neujahr feiert…

In Thailand wird jedwede Gelegenheit benutzt, um zu feiern…

Ohne jedwede falsche Rücksicht auf kulturelle Hintergründe. So wird Weihnachten fast ausschliesslich als X-Mas bezeichnet und der Begriff Kitsch wird auf neue Höhen gehoben. Vor dem Supermarkt wird auf einer Live-Bühne “Gimme hope Joanna” mit voller Inbrunst alle 24 vorhergehenden Dezembertage umsonst dargeboten. Der Traum eines Biertrinkers wird mit einem transportablen Singha Zapfmonstrum (2 Liter) erfüllt.

Natürlich wird der Reggaesong auf thailändisch gesungen, weit über dem Vermögen der Lautsprecher-Anlage, denn nebendran quirlt der allabendliche Verkehr über die vier- aber sechsspurig verwendete Sukkumvit in Samut Prakan, einem der Satelitendörfer von Bangkok.

Dorf heisst hier ungefähr zwei Millionen Menschen.

Alles eben relativ.

Die thailändische Relativitätstheorie besagt: “Sei wie der Bambus im Wind: biege Dich, aber zerbreche nie.”

So wird hier ganz naturgemäß alles verbogen, eben auch unser ach so heiliges Fest. Eine beliebte Kombination zu allen Anlässen ist, sich zu verkleiden. Zu Weihnachten bevölkern also zahllose kleine thailandische Affen, Drachen, Super-, Bat-, Spider- und sonstwas-Män die Strassen. Den Wettbewerb für die meisten und buntesten Lichterketten gewinnt das Land sowieso an einem normalen Werktag.

Es ist alles so schön bunt hier…!!

Irgendwo habe ich das schon einmal gehört. Sicherlich nicht ein Ausspruch, der in Deutschland erfunden wurde. So wie ein Besuch in Irland die Farbe Grün neu definiert, verändert sich der Begriff “bunt” an egal welchem Platz in Südostasien.

Bunt ist hier nicht die geleckte Bundesgartenschau Farbenpracht. Es bedeutet vor allem Vielfalt für das Auge.

Yin und Yan im Extrem: Noble Temple und königliche Anlagen, täglich herausgeputzt von Hunderten von Händen, Farben so stark, daß sie selbst im Smog von Bangkok das Auge überfallen. Ein keinbeiniger Bettler, der vor dem generösen, prächtigen Sheraton Oriental vorbei kriecht. Er schickt seine Plastikschüssel klappernd ein, zwei Meter voraus und zieht sich mit seinem einem Arm hinterher. Gibt man einem Bettler eine Gabe, so bedankt er sich - bei uns Ausländern, uns Farangs. Erhält er jedoch etwas von einem Thai, so bedankt sich der Gebende: dafür, daß er eine gute Tat tun durfte.

Bunt heißt hier Vielfalt, heißt Durcheinander, heißt schön.

Nicht Schönheit trotz Wiederspruch, sondern Vielfalt ist Schönheit!

Die Vielfalt und die Unterschiede werden hier völlig anders wahrgenommen. Und wenn Du lange genug hier bist, wer weiß?, vielleicht lernen Deine Augen, die Welt auf eine andere Art zu sehen.

[Ich streiche den Absatz über die deutsche Vielfalt aufgrund mangelndem Interesse meinerseits. Und aufgrund Mangels derselben. Und wir spielen diesbezüglich wirklich in der Kreisliga.]

Weihnachten macht hier kulturell keinerlei großen Sinn, hier wird’s nur als willkommener Anlass zum Feiern benutzt. Im hiesigen Eldorado der Feste also nur ein kleines Licht, dessen unsere Bedeutung irrelevant ist. Und hier vielleicht ehrlicher wahrgenommen und zelebriert wird.

Eben bunt, vielfältig bunt, wie Leben im Dschungel: keine Schlange, kein Risiko, kein Spass…

[Nachtrag beim Nacheditieren, März 2006: Geschäftlich bedeutet das “No Risk, No Money”.]

[Update 2018: Kleine Änderungen]